Wer hat Angst vorm Breakout-Raum?

Irgendwann im Wintersemester 2020/21 fiel mir auf, dass immer dann, wenn ich Gruppenarbeit ankündigte, plötzlich Leute die Zoom-Sitzung verließen. Das fällt bei ja Zoom durch ein „Dingdong“ auf.

Was war da los? Ich habe eine Umfrage gemacht. Mit Pingo, weil ich Freitext-Antworten wollte. Das Ergebnis war sehr interessant: Viele finden das Format gut und sinnvoll. Manche Leute mögen keine Gruppenarbeit, weil sie schüchtern sind, weil sie alleine besser arbeiten können, weil andere unsolidarisch sind, immer das große Wort führen, oder umgekehrt, weil sich alle anschweigen. Manche wollen es nicht, weil sie nicht vorbereitet sind. Andere mögen zwar Gruppenarbeit, finden es aber schwierig, sich auf immer neue Leute einzustellen. Oder sie kommen motiviert in einen Breakout-Raum und sehen sich schwarzen Kacheln mit ausgeschalteten Mikros gegenüber, statt Menschen, die sich austauschen wollen. Und dann gibt es noch die, denen die Gruppenarbeit nichts bringt. Sie möchten lieber von mir hören, was richtig ist.

Hmm. Ich halte es nicht für sinnvoll, schon wieder von mir aus Input zu geben. Den gibt es schon in den vorher anzusehenden Videos (Inverted Classroom). Jetzt geht es doch darum, mal selber aktiv zu werden. Und das Zweifeln („Stimmt das, was meine Kommilitonin mir da erzählt?“ „Was machen wir, wenn keiner von uns weiß, wie’s geht?“) führt immerhin zu Fragen, die einen für Antworten empfänglich machen. Auch wichtig: Anderen etwas zu erklären. Auf Gruppenarbeit verzichten will ich also nicht. Aber die Gruppenarbeit erleichtern – sie soll Spaß machen und nützlich sein.

Also erstelle ich jetzt immer eine Anzahl von Breakout-Räumen, in die die Studierenden sich selber einteilen können. Einen Raum nenne ich „Alleine lernen“. Wer nicht in der Gruppe lernen mag, geht besser dahin, statt in einer Gruppe zu schweigen.

An manchen Tagen sind in der Gruppe „Alleine lernen“ mehr als die Hälfte der Studierenden, manchmal ist es vielleicht ein Drittel oder nur ein Viertel. Diejenigen, die die Gruppen nutzen, sind zufrieden. Und zu Anfang des nächsten Semesters kam im Forum die Bitte, das wieder so zu handhaben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert